American Football in Schweden

Seit knapp vier Wochen ist unsere Offensive Linerin Verena #57 nun bereits in Örebro, Schweden und spielt dort für die Örbero Black Knights in der schwedischen ersten Liga eine verkürzte Herbstsaison.
In diesem Beitrag gibt sie ein wenig Einblick in die Unterschiede des (Frauen) Footballs in Schweden im Vergleich zu unserem Football in Deutschland.

Wie es überhaupt dazu kam, dass sie innerhalb von knapp zwei Wochen plötzlich nicht mehr in Bochum sondern in Schweden beim Training war kann man hier noch einmal nachlesen.

Teamphoto der Örebro Black Knights
Das diesjährige Team der Örebro Black Knights Frauen
(c) Jonas Domfors

Als erstes ist sicherlich festzuhalten, dass man in Schweden grundsätzlich auch nach den gleichen Regeln (denen der NCAA vom Vorjahr) Football spielt, wie in Deutschland auch. So kam auch hier, genau wie bei uns in diesem Jahr z.B. eine Regeländerung bzgl. der Legalität von Blind Side Blocks hinzu. Die Spiele der Frauen werden auch hierzulande zumeist von fünf Offiziellen begleitet, statt wie bei den meisten höheren Herrenligen von sieben.

Nichtsdestotrotz scheint es mir, nach den zwei Saisonspielen die ich hier bereits bestritten habe, subjektiv gesehen doch einige feine Unterschiede zu geben. Auch im Gespräch mit anderen ImportspielerInnen (also sowohl aus unserem Frauenteam als auch bei den Black Knights Herren) könnten meine Beobachtungen geteilt werden. Dies stellt aber natürlich noch keine wirklich repräsentative Beobachtung über den Football in Schweden dar, sondern viel mehr eine kurze Momentaufnahme aus dem ohnehin sehr turbulenten Jahr 2020.

Verglichen mit meinen Erfahrungen in den deutschen (Frauen-)Ligen gibt es in Schweden deutlich seltener eine Flagge und später dann auch eine Strafe für die Fouls „Roughing the Passer/Kicker“. Bei schon eher späten und fragwürdigen Kontakten der Defense nach dem Pass oder dem Kick scheint man hier eher noch einmal das Gespräch mit der jeweiligen Spielerin zu suchen oder „fünfe gerade sein zu lassen“. Eine Tendenz, die sich sicherlich negativ auf die Gesundheit der Spielerinnen auswirken kann.
Ähnliches lies sich für mich aber auch bei der gängigen Definition von „Forward Progress ist gestoppt“ hier beobachten. Normalerweise wird ein Spielzug abgepfiffen, wenn der Ballträger zwar noch nicht zu Boden gebracht wurde oder der Ball aus anderen Gründen bereits „tot“ ist, die Spielerin aber bereits so von einer oder mehreren Vertreidigerinnen festgehalten wird, dass kein Entkommen mehr abzusehen ist. Hier in Schweden scheint der Punkt, an dem die Ballträgerin nicht mehr entkommen kann, gefühlt jedoch deutlich später zu sein als in Deutschland. Dies führt dann dazu, dass weitere Spielerinnen beider Teams dazu angehalten sind in den sich bildenen Haufen („Pile“) hineinzuwerfen bzw. in die noch stehenden Spielerinnen hinein zu laufen um zu einer Entscheidung zu führen.

Generell scheint es mir in der Line bzw. in der Box etwas weniger schlagkräftig zu zu gehen, als ich es gewohnt bin. Die Kraft die hinter den typischen Blocks oder Techniken der gegnerischen Liner steckt wirkt etwas weniger und auch fiesere, heimliche Taktiken wie z.B. Kneifen, bewusster Kontakt gegen den Halsbereich/Nase oder mit dem Stollenschuh bewusst auf den Fuß treten sind deutlich seltener. Viel beliebter als in Deutschland sind stattdessen Rollblock ähnliche Kontakte gegen die Knie von Gegenspielerinnen. Diese werden hier nicht nur direkt an der Line sondern auch von blitzenden Linebackern gegen Vorblocker gerne und zum Teil auch sehr effektiv eingesetzt.

Verena vor dem Spiel…
(c) Jonas Domfors

Eine weitere Besonderheit im Vergleich zum Frauenfootball (zumindest in der 2.DBL) ist hier auch das Vorhandensein von Ballpersonal, welches mit entsprechenden Warnwesten mit dem klangvollen Aufdruck „Bollkalle“ versehen sind.

Zusätzlich scheint sich die auch die Bereitschaft/Häufigkeit des zusätzlichen Trainings im Fittnesstudio in Schweden, zumindest laut den Profilen der Spielerinnen in den Sozialen Netzwerken in Schweden höher zu sein als in Deutschland. Man verabredet sich regelmäßig in der Unit oder kleineren Gruppen des Teams zum gemeinsamen Workout an trainingsfreien Tagen oder beispielsweise vor einem Teammeeting. Generell wirkt es außerdem so als wäre die Fitnesskultur in der schwedischen Gesellschaft etwas tiefer verankert. Im allgemeinen Stadtbild sieht man sehr häufig Jogger, Menschen mit Hockeyschlägern, Bällen oder anderen Equipment, die gerade auf dem Weg von oder zum Sport zu sein scheinen. In den Supermärkten beispielsweise gibt es deutlich mehr auswahl an verschiedensten Supplementen, Proteinriegeln oder auch „Fitnessdrinks“ und die Sportgeschäfte sind mehr auf Sport im Fitnesstudio ausgelegt als in Deutschland.

… und nach dem Spiel
(zusammen mit Luna Schytz, WR)
(c) Luna Schytz

Die Örebro Black Knights Frauen haben derweil die KO-Runde der diesjährigen Superseries erreicht und werden am Samstag, den 17.10.2020 um 13 Uhr gegen die Arlanda Jets antreten.

Der Link zum Live-Stream findest sich ensprechend vor dem Spiel auf der Facebook Seite der Örebro Black Knights. Danach geht es dann (hoffentlich) am 26.10 gegen die Carlstad Cursaders ins Finale der schwedischen ersten Liga.

Das Beitragsbild stammt ebenfalls von Jonas Domfros.


Wer gerade bei den ganzen Football Begriffen noch nicht den völligen Durchblick hatte, darf jederzeit gerne bei uns beim Training vorbei schauen und den wohl besten Sport der Welt ausprobieren!

Am besten mit vorheriger Anmeldung per E-Mail oder in den sozialen Netzwerken zur Einhaltung der Hygienerichtlinien:

Die aktuellen Trainingszeiten sind:

Montags 20-22 Uhr auf dem Kunstrasen Hordeler Heid 189, 44793 Bochum

Mittwochs 20-22 Uhr in der Sporthalle Am Waldring 71, 44789 Bochum

Freitags 20-22 Uhr in der Sporthalle in der Moritz-Fiege-Straße 9, 44787 Bochum

1 Kommentar zu „American Football in Schweden“

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